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Wachstumsaurus stupidus – Wohlstand ohne Wachstum auf der Demo »Schluss mit dem faulen Zauber« – 11.11.2017, Bonn



Es war einmal… das Wachstum.

Es hat geholfen, extreme Armut und existenziellen Mangel zu überwinden. Heute ist das Streben nach ›Immer mehr‹ jedoch ein Selbstzweck, der in reichen Ländern mehr schadet als nützt. Die fixe Idee des ›ewigen Wachstums‹ zerstört Mensch und Natur. Sie ist eine Dinosaurier-Ideologie – und Dinosaurier sterben aus.

Je eher, desto besser.



Ständig ist die Rede vom ›Wachstum‹, das angeblich erforderlich sei, damit es nicht zum totalen Zusammenbruch kommt – was ist damit eigentlich gemeint?



Es bedeutet, dass der Geldwert der verkauften Produkte und Dienstleistungen und damit das BIP (Bruttoinlandsprodukt) steigt. Wenn die Wirtschaft ›wächst‹, wird jedes Jahr etwas mehr ausgegeben, um materielle Güter und die Arbeitskraft von Dienstleistern einzukaufen. Gekauft werden sie von Privatpersonen, Unternehmen oder staatlichen Stellen im In- und Ausland.



Durch den technischen Fortschritt lassen sich Dinge immer effizienter und damit billiger herstellen. Um trotzdem mehr Geld umzusetzen, müssen entweder immer mehr Einheiten eines Produkts verkauft werden, oder es muss größer, komplexer und leistungsfähiger werden – und damit doch wieder teurer als das Vorgängermodell. Vor 60 Jahren waren Kühlschrank, Telefon, (Schwarzweiß-)Fernseher und VW Käfer für die Meisten das Maximum des Erreichbaren. Heute sind Fernseher, Kühlschränke und Autos deutlich größer, und viele Haushalte haben mehrere davon. Smartphones hingegen sind zwar kleiner, können aber deutlich mehr als Omas Telefon. Manches verschwindet ganz, etwa die Schreibmaschine oder der Diaprojektor - stattdessen haben wir Laptops, Beamer und Fitnessarmbänder.



In den letzten 200 Jahren hat sich der Lebensstandard auf diese Weise deutlich erhöht: Während die meisten Menschen damals kaum genug zu essen hatten und in einfachsten Hütten lebten, gehört diese Form der Armut zum Glück der Vergangenheit an – zumindest in Mitteleuropa. Was sich früher nur wenige Reiche leisten konnten, wurde zunehmend ›normal‹, vom exotischen Essen über die Fußbodenheizung bis zur Fernreise. Viele Menschen haben eher zuviele als zu wenig Dinge; aus dem materiellen Mangel wurde ein Überfluss. Dass es dennoch weiterhin Armut gibt, liegt nicht an der Knappheit der Güter, sondern an der nach wie vor sehr ungleichen Verteilung des Wohlstands. Diese ist auch dafür verantwortlich, dass global betrachtet auch die extreme Armut noch keineswegs überwunden ist.



Das ›Wachstum‹ hat jedoch auch seine Schattenseiten.



Wenn mehr Dinge produziert werden, benötigt das meistens auch mehr Rohstoffe und Energie. Einst schienen diese endlos vorhanden zu sein, doch heute machen sich die natürlichen Grenzen unseres Planeten immer deutlicher bemerkbar. Kann er weiteres ›Wachstum‹ verkraften?


Auch menschliche Beziehungen verändern sich, wenn alles dem Ziel untergeordnet wird, möglichst viel Geld umzusetzen. Wo jeglicher Austausch nur gegen Bares erfolgt, bestimmt das auch die Hierarchien und die Wahrnehmung anderer Menschen: In einer solchen Welt ist Jede·r genau so viel ›wert‹, wie sie oder er verdient, besitzt und ausgeben kann. Wer nichts hat, wird verachtet – wer wenig hat, versucht mit aller Kraft, zu Wohlstand und damit auch Ansehen zu gelangen – und wer viel hat, ist bestrebt, diese besondere Position gegen ›Emporkömmlinge‹ zu verteidigen.

Das Streben nach ›Wachstum‹ zerstört auf Dauer die natürlichen Grundlagen des Lebens auf der Erde, aber auch gesellschaftliche Werte und Zusammenhalt.

In Zeiten des Mangels, also echter Knappheit an lebenswichtigen Gütern, ergibt wirtschaftliches ›Wachstum‹ sehr viel Sinn und steigert die Lebensqualität der meisten Menschen. Das war bei uns im vorletzten Jahrhundert der Fall und ist es heute in vielen armen Ländern. Wo jedoch der Mangel überwunden ist, wird weiteres ›Wachstum‹ zum Selbstzweck: Es soll mehr gekauft werden, damit es mehr Arbeit gibt, Menschen dadurch mehr Geld verdienen...um mehr kaufen zu können. Was bringt es, immer mehr Geld auszugeben, wenn wir vor lauter Arbeit gar keine Zeit haben für all die schönen (oder auch albernen) Dinge?

In Europa und anderen wohlhabenden Weltregionen richtet permanentes ›Wachstum‹ heute mehr Schaden an, als es Nutzen stiftet. Es beschleunigt den Klimawandel, der schon heute vielerorts Lebensräume und Existenzgrundlagen zerstört – und statt zumindest hier das Leben der Menschen zu verbessern, unterwirft es sie einem ständigen, krankmachenden Druck.

Die fixe Idee, trotz unseres Überflusses an Gütern immer noch dem ›Wachstum‹ der Wirtschaft nachjagen zu müssen, ist eine Vorstellung von vorgestern – eine ›Dinosaurierideologie‹. Und deshalb wird es ihr so gehen wie allen Dinosauriern: Irgendwann sterben sie aus.


 

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